Gottmannsgrün 1.


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Gottmannsgrün Teilansicht

Allgemeines

Gottmannsgrün war ein sehr verstreutes Dorf, es gab dort kein bestimmter Dorfplatz.

Im Jahre 1939 betrug die Gesamtfläche der Gemeinde 721 Hektar, davon 225 Hektar Wald (31%.), es gab 166 Häuser und 765 Einwohner.

Kirchliche Zugehörigkeit nach Rossbach, jedoch der Ortsteil Kaiserhammer bis 1937 nach Regnitzlosau.

Die Höhenmarke in der Obergottmannsgrüner Einöde zeigt mit 619 m den höchsten Punkt auf, der niedrigste bei der Hofmannsmühle im Kaiserhammer zeigt 536 m.

Gottmannsgrün 1841

Gottmannsgrün - Katasterkarte vom 1841, Quelle: ČÚZK

Ortsname

Amtliche Name „Gottmannsgrün“, volkstümliche Bezeichnung „Wouschtumm“.

1356 Wustenunge zu Gösweinsgrvne, Göswinsgrune, 1417 Gosweinsgrvn, 1555 Gottmannsgrün, 1612 Gotzmannsgrün, also Grün eines Goßwin.

Aus Archivalien und alten Landkarten sind die auch Namen Goswinsgrune, Gosweinsgrüne, Gosweisgrune, Chosweinsgrun, Gosweinsgrvn, Wustung, Wustuben, Wusting, Zur Wustuben, Wustelen, Ober- und Unterwüstoben, Gottsmannsgrün, Gottmannsdorf, Goldmansgrün, Gottmannßgrün bekannt.

Seit 1948 Trojmezí

Gottmannsgrün im Ascher Mundart:

Ortsteile

Die 1850 gebildete Gemeinde Gottmannsgrün bestand aus mehreren Ortschaften, Weilern und Einschichten mit einer über Jahrhunderte hinweg andauernden und teilweise unterschiedlichen Entwicklung. Die Haupt-Ortsteile waren: Obergottmannsgrün, Untergottmannsgrün, Ziegenrück und Kaiserhammer.

Obergottmannsgrün gliederte sich dann weiter auf: Kalten Frosch, Schwammenbach und Einöde;

Untergottmannsgrün gliederte sich dann weiter auf: Neustadt an der Fichte, Rittersburg, Winkel, Möckelsburg, Kienleite, Wolfspöhl und Schelder;

Einzelne Gottmannsgrüner Ortsteile sind auf der folgender Luftaufnahme aus dem Jahre 1948 gekennzeichnet:

Gottmannsgrüner Ortsteile

Gewässer

Die Gemeinde Gottmannsgrün mit allen ihren Ortsteilen entwässert ausschließlich in die Regnitz, die über Nentschau-Regnitzlosau in die Saale mündet. Durch die Gemeindeflur von Ziegenrück und Untergottmannsgrün fließt der von Thonbrunn herunterkommende Wiesenbach (auch Ziegenfurthbach, Ziegenbach, Zinnbach genannt). Er vereinigt sich bei der Huschermühle mit dem eigentlichen Zinnbach, der bei Friedersreuth entspringt. Erst nach dem Zusammenfluß dieser beiden größeren Gewässer spricht man von der Regnitz.

Von Ebmath herunter kommt der die Grenze gegen Sachsen bildende Wolfsbach. Ein kleines, bei der Obergottmannsgrüner Einöde entspringendes Bächlein trägt verschiedene Bezeichnungen, u. a. Franzosenbächl, Wasenbach, Schwammenbach, Ziegenbächl. Ein weiteres kleineres Gewässer kommt von Obergottmannsgrün herunter und mündet, bereits auf Roßbacher Flur, in das Franzosenbächl.

Gewässer Gottmannsgrün

Geschichtliches

Gründung von Obergottmannsgrün als Waldhufendorf 12./13. Jh.;

Mitte des 14. Jh. Wüstung;

Neubesiedlung Anfang des 15. Jh.;

Untergottmannsgrün: Streusiedlung des 13./14. Jh. dann Wüstung;

Wiederbesiedlung Anfang des 15. Jh.;

Kaiserhammer Entstehung Anfang des 15. Jh.;

Ziegenrück jüngste Siedlung des 19./20. Jh.;

Ober- und Untergottmannsgrün mit eigenem Dorfrichter im Westteil des Kirchspiels Roßbach,
eigene Gemeindeverwaltung seit 1850.

Ober- und Untergottmannsgrün

Als älteste Ortschaft der Gemeinde ist Obergottmannsgrün anzusehen. Die Gründung muß bereits bei Beginn der großen Siedlungsperiode in diesem Gebiet im 11./13. Jh. erfolgt sein. Die Ortschaft Untergottmannsgrün ist sicher später entstanden als das Langwaldhufendorf Obergottmannsgrün.

Urkundlich erscheint Gottmannsgrün erstmalig in einer im Hauptstaatsarchiv zu München befindlichen Lehensbestätigung vom 30. November 1356. Wer der erste Namensgeber war, ist nicht feststellbar. Es kann mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß ein „Goswin“ (Göswein) der Lokator, d. i. der örtliche Gründer der kleinen Siedlung war.

Zum zweitenmal erscheint Obergottmannsgrün, wiederum als Wüstung, in der Hofer Landbeschreibung aus dem Jahre 1390 anläßlich der Übernahme des Regnitzlandes durch den Burggrafen Fried V. von Nürnberg.

Die Ortschaft lag noch wüste, als im Jahre 1413 Heinrich von Zedtwitz, der neue Besitzer von Neuberg, von den Herren von Neuberg auf Elster deren restliche Besitzungen im Ascher Land erwarb. Die Wiederbesiedlung der Ortschaft erfolgte wahrscheinlich recht rasch unter Heinrich von Zedtwitz, der als einer der hervorragendsten Köpfe dieses Geschlechtes anzusehen ist.

Als im Jahre 1417 die Egerer ihre Beschwerde an König Wenzel von Böhmen wegen des Entzugs des Ascher Landes durch die Zedtwitze einreichten, ist unter den „entzogenen“ Ortschaften auch „Gosweinsgrvn das ober“ genannt, d. h. das bereits beschriebene Obergottmannsgrün. Ganz zwangsläufig muß dann zu dieser Zeit auch die Ortschaft Untergottmannsgrün schon bestanden haben. In den folgenden Lehensbriefen der Zedtwitze wird dann aber nur noch von einer Ortschaft (Dorf) Gottmannsgrün gesprochen.

Beide Ortsteile des Dorfes bestanden hauptsächlich aus den Bauernhöfen.

Ortsteil Winkel um 1935

Gottmannsgrüner Ortsteil Winkel, um 1935; Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

Kaiserhammer

Der Weiler Kaiserhammer war ursprünglich ein Hammerwerk. Einige Schlackenhalden lassen sogar darauf schließen, daß neben dem eigentlichen Hammer auch eine primitive Anlage zum Schmelzen der Eisenerze vorhanden war. Urkundlich tritt der Hammer selbst erst im Jahre 1502 im sogenannten Hofer Landbuch auf.

Das Hammerwerk diente zur Verarbeitung des in der näheren Umgebung vorgefundenen Eisenerzes. Oberhalb des Weilers am Hammerberg kam Raseneisenerz vor und die dortigen Mulden weisen darauf hin, daß in den anstehenden Diabasaufschlüssen ebenfalls Eisenerz abgebaut wurde. Auch im benachbarten Rehauer Wald lagen mehrere Eisenerzgruben, die aber wohl in erster Linie für die Hämmer in Rehau und Umgebung lieferten. Diese Hämmer waren primitive Anlagen, wie heute noch vorhandene derartige Eisenhämmer und Schmelzöfen zeigen. Es ist sogar möglich, daß der Hochofen am steilen Hang des Hammerberges mit offenem „Zerrenn-Feuer“ arbeitete. Diese Schmelzanlagen wurden durch Blasebälge betrieben, die mittels der Wasserkraft der Bäche in Gang gesetzt wurden.

Das Hammerwerk wird 1740 im Regnitzlosauer Kirchenbuch zum letzten Male genannt (Johann Göring 1 Hammer). Ob er zu dieser Zeit noch in Betrieb war, ist zweifelhaft, denn das Rohmaterial hätte aus entfernt liegenden Hochofenanlagen herbeigeholt werden müssen. Dagegen erscheinen seit dem 17. Jh. anstelle des Hammers mehrere Mühlen mit kleinen Gütern, die wahrscheinlich den zum Hammer zählenden Grundbesitz landwirtschaftlich bearbeiteten.

Der heutige Name Kaiserhammer stammt erst aus jüngerer Zeit. In allen alten Urkunden und seit 1582 in den Regnitzlosauer Kirchenbüchern, wohin der Weiler Kaiserhammer eingepfarrt war, ist immer nur vom oberen Hammer die Rede. Die kirchliche Trennung des Kaiserhammer von Regnitzlosau erfolgte durch einseitigen Hoheitsakt der tschechischen Regierung vom 17. 4. 1937, nachdem schon im Jahre 1934 durch dieselbe Regierung in einer Verbalnote der damaligen deutschen Reichsregierung gegenüber für eine derartige Regelung plädiert worden war. Seit dieser Zeit war der Kaiserhammer vollständig in die Gemeinde Gottmannsgrün integriert.

Der Weiler Kaiserhammer selbst war mit nur 8 Hausnummern nicht sehr groß. Anfang der 1950er Jahre wurde sie hinter dem Eisernen Vorhang liegen geblieben und wurde vollständig dem Erdbogen gleich gemacht.

Kaiserhammer um 1935

Ziegenrück

Als letzte größere Ortschaft ist noch Ziegenrück zu erwähnen, eine Gründung des industriellen neunzehnten Jahrhunderts. Die Anwesen waren zum größten Teil Lehmstockbauten, die Einwohner zuerst Heimweber, später dann im Wesentlichen in den Roßbacher Textilbetrieben beschäftigt. Bis zur Entstehung des Ortes war das gesamte Gelände Eigentum der Grafen von Zedtwitz. Ihr jahrhundertelanges Festhalten an dieser unfruchtbaren Flur ist auf die frühere Zinnwäscherei im dortigen Gebiet zurückzuführen, auf die noch die Schutthügel in der Nähe der Sandmühle hinweisen. Da die Herren von Zedtwitz von der Krone von Böhmen auch das Bergwerksregal verliehen bekamen, d. h. das Recht der Auswertung aller Bodenschätze, reservierten sie sich die mutmaßlich dafür in Frage kommenden Ländereien.

Ziegenrück nahm in den letzten Jahrzehnten eine rasche Entwicklung, wobei sich auch gewisse Eigenständigkeitstendenzen bemerkbar machten. Dies ist durchaus begreiflich. Während Ober- und Untergottmannsgrün bis in die jüngste Zeit noch weitgehend bäuerlich geprägt waren, stellte Ziegenrück eine reine Arbeitersiedlung dar. Es ergaben sich hieraus engere Beziehungen zum benachbarten größeren Textilort Roßbach. Die wirtschaftlichen, beruflichen und später auch politischen Gegensätze zu den bäuerlichen älteren Gemeindeteilen lösten dann gewisse Reaktionen aus, die in der Gründung einer eigenen Feuerwehr, eines Gesangvereins und anderer Vereine ihren Ausdruck fanden.

Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung war Ziegenrück der einzige Ortsteil, der die Zerstörungen der Nachkriegszeit zumindest teilweise überstand, obwohl mehr als die Hälfte der ursprünglichen Gebäude abgerissen wurde.

Ziegenrück um 1935

Gottmannsgrüner Ziegenrück, um 1935; Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

Von dem umfangreichen Dorf Gottmannsgrün ist bis heutigen Tagen fast nichts übrig geblieben. Da die Gemeinde direkt an der Staatsgrenze zu Bayern lag, wurden die meisten Anwesen in der Nachkriegszeit abgerissen. Es sind nur noch 18 Häuser überliefert worden, 2 in Obergottmannsgrün, der Rest dann in Ziegenrück.


Gottmannsgrüner Gemeindeverwaltung:
Gemeinde-Stempel

Im Jahre 1850 erhielt Gottmannsgrün mit dem Kaiserhammer und Ziegenrück eine eigene Gemeindeverwaltung mit einem Gemeindevorsteher. Dieser sowie drei Gemeinderäte wurden von zwölf Ausschussmitgliedern gewählt. Erst ab 1919 wurde nach dem allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrecht gewählt. Gottmannsgrün hatte nunmehr 15 Gemeindevertreter, die aus ihrer Mitte den Gemeindevorsteher und seinen Stellvertreter zu wählen hatten.

Ein verdienstvoller Bürgermeister war Andreas Hundhammer, Gastwirt und Schmied, unter dessen Führung die Gemeinde ihr großes, dreiklassiges Schulgebäude mit eigener Lehrerwohnung errichtete. Gottmannsgrün zählte damals über 1000 Einwohner. Der markanteste Bürgermeister war Richard Stoß, der 23 Jahre lang, in guten und schlechten Zeiten, bis zum bitteren Ende 1945 der Gemeinde voranging. In seine Amtszeit fällt der Ausbau der Straßen von Ziegenrück nach Untergottmannsgrün sowie von Obergottmannsgrün bis zur Roßbacher Flurgrenze, ferner der Straßenzug von Obergottmannsgrün, an der Schule vorbei nach Ziegenrück bis zur Wegegabelung Ziegenmühle-Kienleite.

Die (mir bekannten) Gottmannsgrüner Gemeindevorsteher:

1850
Adam Wölfel
1860
Andreas Hundhammer
1887
Carl Thoma
1906
Gustav Reinel
1922
Johann Fuchs
1923 - 1945
Richard Stöhr

Bürgermeister Richard Stöhr

Gottmannsgrüner Bürgermeister Richard Stöhr (links) im Kaiserhammer, um 1936

Bevölkerungszahl

Die Entwicklung der Häuser- und Bevölkerungszahl in Gottmannsgrün ist in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt:

Jahr Häuser Einwohnerzahl
1688 36 ca. 180-210
1771 54 260-320
1786 57 -
1850 102 799
1858 - 882
1869 120 1039
1880 - 1075
1890 135 932
1900 139 942
1906 - 809
1910 151 947
1921 152 797
1930 - 845
1934 163 845
1939 166 765
1941 - 767
Vertreibung 1946 163 718

Gewerbe

Bis zum 18. Jh. war die Gemeinde praktisch ein Bauerndorf. Die kleinen Ackerfluren und der schlechte Boden zwangen schon frühzeitig zum Ausweichen auf die Heimweberei. Bereits im Jahre 1786 werden in Gottmannsgrün neben Taglöhnern und Pächtern auch zwei Weber genannt. Bekannt war die Leinenweberei in der Gemeinde. Der Boden war besonders gut für den Anbau des Flachses als Ausgangsmaterial für die Leinengewebe geeignet.

Gottmannsgrüner Hausweberei Gottmannsgrüner Hausweberei

Die Ackerflächen betrugen bei den kleineren Landwirten auf den jüngeren Rodungshöfen 3 - 5 ha, die mittleren Hofgrößen hatten 10 - 15 ha und nur vier Bauern besaßen einen Grundbesitz von mehr als 25 ha. In unserer Zeit entfielen im Durchschnitt ein Stück Großvieh auf ein ha Ackerfläche. Angebaut wurde nach den Kirchenzehentbüchern im wesentlichen Korn und Hafer, etwas weniger Gerste und noch weniger Gemenge (Korn und Gerste gemischt). Im Gegensatz zu Friedersreuth wurde in Ober- und Untergottmannsgrün nur von den größten Bauern Weizen in ganz geringem Umfange angebaut, sicher aufgrund der ungünstigen Bodenverhältnisse und der ungenügenden Düngemöglichkeiten. Die Holzwirtschaft dürfte über den Eigenverbrauch hinaus eine gewisse Rolle gespielt haben. Die Obergottmannsgrüner Bauern besaßen ausgedehnte Waldungen.

In jeweiligen Adressbüchern wurden dann auch weitere Gewerben aufgeführt, es waren:

1923: 9 Gastwirte, 1 Bäcker, 2 Krämereien, 1 Klempner, 2 Maler, 2 Müller, 2 Schneider, 2 Schuhmacher, 4 Tischler u. 1 Webwarenerzeuger

1930: 9 Gastwirte, 1 Bäcker, 1 Fleischer, 7 Gemischtwarenhandlungen, 1 Klempner, 1 Maler, 1 Milchhändler, 2 Schneider, 5 Schuhmacher, 4 Tischler, 5 Trafikanten u. 1 Webwarenerzeuger

1935: 9 Gastwirte, 1 Bäcker, 1 Fleischer, 7 Gemischtwarenhandlungen, 1 Klempner, 1 Maler, 2 Milchhändler, 2 Schneider, 5 Schuhmacher, 3 Tischler, 5 Trafikanten u. 2 Webwarenerzeuger

1941: 9 Gastwirte, 1 Flaschenbierhandlung, 1 Fleischer, 4 Gemischtwarenhandlungen, 2 Holz- u. Kohlenhandel, 1 Milchhändler, 2 Müller u. Bäcker, 1 Schneider, 1 Schuhmacher, 2 Tischler

Färberei

Eine größere Bedeutung für Gottmannsgrün hatte die 1845/46 in Ziegenrück, unmittelbar neben der Ziegenmühle, errichtete Färberei Nr. 108 des aus Roßbach zugezogenen Georg Hendel. Die Sippe der Hendel wurde im Kaiserhammer bereits 1618 genannt. In Roßbach erscheinen sie frühzeitig als Färber. Die Geschäftsverbindungen dieser Färberei erstreckten sich bis in die Textilgebiete von Nordböhmen und Sachsen. Die bearbeiteten Textilien wurden auf eigene Rechnung ein- und verkauft. Sicher war auch hier die nahe Grenze nach Sachsen zum Paschen der Garne von Vorteil. Der Materialtransport von Ziegenrück nach Ebmath und umgekehrt erfolgte mittels Handschubkarren, eine heute unvorstellbare Transportmöglichkeit. Zeitweise wurden 24 Färbergesellen beschäftigt. Der Betrieb wurde nach und nach vergrößert und in der Zeit um 1850 der erste Dampfkessel angekauft, dem später ein zweiter, größerer folgte. Es war der erste Kessel dieser Art im Ascher Bezirk und die Färberei Georg Hendel galt infolgedessen als die älteste Dampffärberei des hochentwickelten Ascher Textilgebietes. Dadurch wurde auch das Färben von Wollgarnen ermöglicht, eine Tätigkeit, die auch nach dem Ersten Weltkriege noch einige Jahre betrieben wurde. Die Kohle für die Kesselanlage mußte vom Bahnhof Elster-Mühlhausen mittels Pferdefuhrwerks angefahren werden, da ja die Bahnverbindung nach Roßbach noch nicht bestand. Diese einst so blühende Färberei wurde in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen nach und nach stillgelegt, da inzwischen im Ascher Bezirk neue und modern eingerichtete Färbereien sowie Appreturanstalten den nunmehr einsetzenden Konkurrenzkampf für sich entscheiden konnten.

Gottmannsgrüner Färberei

Links die Hendel-Färberei, rechts daneben liegendes Hendel-Wohnhaus

Vereine

Das Vereinsleben in Gottmannsgrün war, wie in allen Landgemeinden, ein sehr reges. In der nachfolgenden Tabelle sind alle mir bekannte Gottmannsgrüner Vereine aufgelistet.

Gottmannsgrüner Pfeifenclub Fortuna

Gottmannsgrüner Pfeifenclub „Fortuna“; Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

Pos. Verein Gründungsjahr
1 Fortbildungsverein 1873
2 Militär-Veteranen-Verein 1878
3 Sparverein 1887
4 Leichenverein „Freundschaft“ 1889
5 Gesangverein „Sängerbund“ 1890
6 Freiwillige Feuerwehr Gottmannsgrün 1882
7 Freiwillige Feuerwehr Ziegenrück 1891
8 Pfeifenclub „Fortuna“ 1898
9 Geselligkeitsverein „Freundschaft“ 1902
10 Geselligkeitsverein „Frischauf“ 1905
11 Geselligkeitsverein „Alemannia“ 1922
12 Kleintierzuchtverein 1909
13 Arbeiter-Turnvereins „Freie Turnerschaft“ 1919
14 Arbeiter-Gesangverein „Einigkeit“ vor 1920
15 Ortsgruppe d. Deutschen Kulturverbandes 1920
16 Deutscher Turnverein 1936
17 Landwirtschaftlicher Verein vor 1923
18 Bund der Landwirte vor 1923
19 Leichenunterstützung Verein „Eintracht“ vor 1923
20 Notschlachtverein vor 1923
21 Radfahren-Verein „Wanderlust“ vor 1923
22 Textilarbeiter Ortsgruppe Gottmannsgrün vor 1923

Nach der Eingliederung des Sudetenlandes ins Dritten Reich 1938 wurden fast alle örtliche Vereine aufgelöst und durch einheitliche Staatsorganisationen ersetzt.

Folgend sind als ein Beispiel die Gottmannsgrüner Vereine aus dem Jahre 1906 detailliert Aufgelistet:

Freiwillige Feuerwehr Gottmannsgrün:
Hauptmann: Felix Ritter, Stellv. Adolf Geupel, Adjutant Adam Geupel.

Freiwillige Feuerwehr Ziegenrück :
Hauptmann: Johann Keller, Stellv.: Johann Stoß, Adjutant: Robert Stoß.

FFW Gottmannsgrün

Freiwillige Feuerwehr Gottmannsgrün 1931; Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

Militär-Veteranen-Verein:
Vorstehender: Georg Ritter, Kassierer: Adam Ritter, Schriftführer: Reinhold Wölfel
Jährlich eine Hauptversammlung, Vereinslokal: Gasthaus Ernestine Hundhammer
Tätigkeit: Pflege der Kameradschaft, Teilnahme an der Beerdigung verstorbener Mitglieder
bzw. verstorbener Frauen der Mitglieder.

Fortbildungsverein:
Vorsteher: Oberlehrer Adam Reinl, Kassierer: Joh. Ritter, Schriftführer: Adolf Geipel
Wissenschaftliche Fortbildung.

Leichenverein „Freundschaft“:
Vorsteher: Johann Ritter, Kassierer: Hermann Geipel
Tätigkeit: Teilnahme und Unterstützung bei der Beerdigung verstorbener Mitglieder,
bzw. deren Angehöriger.

Sparverein:
Hauptmann: Adalbert Stoß, Kassierer: Adam Wunderlich, Schriftführer: Johann Stoß
Tätigkeit: Sammlung wöchentlicher Ersparnisse der Mitglieder, welche in der Sparkasse angelegt
und vor Weihnachten jeden Jahres mit Zinsen ausgezahlt werden.

Gesangverein „Sängerbund“:
Hauptmann: Oberlehrer Adam Reinl, Stellvertreter: Adam Ritter, Kassier: Johann Stoß, Schriftführer: Adolf Geupel

Arbeiter-Radfahrer-Verein „Wanderlust“

Arbeiter-Radfahrer-Verein „Wanderlust“ 1911; Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

Mühlen

In Gottmannsgrün gab es einst - samt des Ortsteiles Kaiserhammer - 5 Mühlen:
Ziegenmühle, Nr. 53;
Mollmühle, Nr. 9;
Kaiserhammer:
Obere Mühle, Nr. 21;
Hartenstein Mühle, Nr. 28;
Untere Mühle, Nr. 27;

Mühlrad der Mollmühle

Der Mühlrad der Mollmühle

Mehr über die Gottmannsgrüner Mühlen finden Sie HIER.

Gasthäuser

In Gottmannsgrün gab es vor der Vertreibung eine ganze Reihe von Gastwirtschaften:
Gasthaus Ziegenrück, Nr. 106; dieses wurde von den Tschechen auch nach der Vertreibung bewirtschaftet.
Der Betrieb wurde erst um 2000 eingestellt.
Gasthaus Adam Ritter, Nr. 95;
Gasthaus Leupold, Nr. 89;
Gasthaus Nikol Wagner, Nr. 57,
Gasthaus Zum neuen Wirt, Nr. 105,
Gasthaus Hermann Jäger, Nr. 33,
Gasthaus Adolf Riedel, Nr. 118,
Kaiserhammer:
Gasthaus Jacob, Nr. 23/24,
Gasthaus Hoffmannsmühle, Nr. 27,

Gasthaus „Ziegenrück“

Gasthaus „Ziegenrück“ in den 1970er Jahren

Mehr über die Gottmannsgrüner Gasthäuser finden Sie HIER.

Schulwesen

Das Unterricht in Gottmannsgrün wurde zum ersten mal 1783 erwähnt. Es handelte sich um eine der für jene Zeit typischen Wanderschule reihum in den Höfen.

Die Gottmannsgrüner Schulgebäude wurde dann 1861 gebaut. Die Schule wurde im Hinblick auf die vielen Kinder gleich für drei Klassen geplant. Im Jahre 1893 drückten 69 Buben und 67 Mädchen die Gottmannsgrüner Schulbänke.

1923 wurde die Schule nur noch als 2klassig erwähnt - damaliger Leiter war Oberlehrer Gustav Unger, Lehrer Richard Grüner.

Die Kinder des Weilers Kaiserhammer gingen infolge der Zugehörigkeit des Ortes zu einer anderen Grundherrschaft in frühester Zeit nach Regnitzlosau zur Schule, wohin der Kaiserhammer auch eingepfarrt war. Seit dem Jahre 1827 erfolgte der Schulbesuch in der neu errichteten Nebenschule in Prex. Eine Ausnahme davon machte die Hofmannsmühle am Dreiländereck, deren Kinder die Schule in Nentschau besuchten. Dieser Zustand dauerte dann bis 1934, seit dem müssten die Kinder aus Kaiserhammer die Schule in Obergottmannsgrün besuchen.

Im Jahre 1934 wurde auf das Schulhaus ein Turm mit Uhr und Glocke aufgesetzt. Die Kosten brachten die Roßbacher Firmen Gebr. Uebel und Frank sowie die Gemeindeangehörigen auf.

Nach der Vertreibung wurde es noch einige Jahre tschechisch unterrichtet. Jedoch wegen dem Kinder-Mangel wurde der Unterricht Ende der 1950er Jahre eingestellt. Die Schulgebäude verfielt danach allmählich und wurde dann in den 1960er Jahren abgerissen.

Die Gottmannsgrüner Schulleiter waren:

ab 1889 - Adam Reinel
um 1923 bis 1932 - Gustav Unger;
1933 - Franz Gerstner;
1934 bis 1938 - Rudolf Martin;

Gottmannsgrüner Schulhaus Gottmannsgrüner Schulstempel

Das Gottmannsgrüner Schulhaus Nr. 111 in den 1960er Jahren; Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

Gottmannsgrüner Schulkinder 1897

Die Schulkinder, II. Klasse 1897, links Lehrer Gustav Hetschko; Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

Friedhof / Kriegerdenkmal


Friedhof

Wegen der zentralen Lage wurde 1941 ein Grundstück vom Bauern Wolfgang Keller, Untergottmannsgrün Nr. 13, für den Friedhof erworben, welches direkt gegen Norden an den Schulhausgrund angrenzte. Trotz der Kriegswirren erfolgte noch die gärtnerische Anpflanzung. Die Einweihung fand mit der ersten Beerdigung am 15. 11. 1942 statt. Der erste Tote in Gottmannsgrüner Flur war der Bauer Georg Jäger vom Hof Nr. 50. Bis zur Aussiedlung 1946 hatten schon über 20 Gottmannsgrüner dort ihre letzte Ruhestätte gefunden. Zur Errichtung der geplanten Leichenhalle kam es infolge der fortschreitenden Verhärtung des Kriegsgeschehens nicht mehr.

Nach der Vertreibung wurde der Friedhof nicht mehr genutzt und verfiel allmählich. Die Überreste des Friedhofes sind jedoch im Wald immer noch zu erkennen.

GPS: 50.3073786N, 12.1395092E

Gottmannsgrüner Friedhof 2018 Gottmannsgrüner Friedhof 2018 Gottmannsgrüner Friedhof 2018

Die Überreste des Gottmannsgrüner Friedhofes im Jahre 2018; © Thonbrunn


Kriegerdenkmäler

Die Gemeinde Gottmannsgrün besaß zwei Kriegerdenkmäler. Am 3. Juli 1892 wurde in Anwesenheit des Bezirkshauptmanns Tittmann im Vorgarten des Schulhauses ein Gedenkstein für die beiden Gefallenen des Krieges 1864/66 eingeweiht. Für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges wurde am 3. Juli 1927 unmittelbar daneben das zweite Ehrenmal enthüllt.

GPS: 50.3063342N, 12.1424897E

Gottmannsgrüner Kriegerdenkmäler Gottmannsgrüner Kriegerdenkmäler

Gottmannsgrüner Kriegerdenkmäler um 1960 - im Hintergrund die Schulgebäude, rechts heutiger Zustand nach der Revitalisierung 2018

Mehr über die Geschichte des Kriegerdenkmals, Gefallene, Vermisste und Verstorbene währen der beiden Weltkriegen finden Sie HIER.

Steinkreuz

Am Kaiserhammer steht - an der Straßengabelung einstigen Weges von Gottmannsgrün nach Oberprex - ein altes Steinkreuz. Eine Sage erzählt, daß an der Stelle einst ein Duell zwischen zwei Offizieren stattfand, wobei einer tödlich getroffen worden sei. Dieses Steinkreuz ist bis heutigen Tagen überliefert worden.

GPS: 50.3157828N, 12.1043767E

Steinkreuz Kaiserhammer Steinkreuz Kaiserhammer

Steinkreuz am Kaiserhammer um 1930, rechts dann der Zustand von 2018

Dreiländereck

Am Kaiserhammer gibt es seit dmn Mittelalter ein Treffpunkt, wo sich einst die Königreiche Böhmen, Bayern und Sachsen zusammen trafen. Dieser Dreiländereck war bereits in früheren Zeiten ein beliebtes Ausflugsziel, unter anderem wegen des in unmittelbarer Nähe gelegenen Gasthauses Hoffmannsmühle.

Im diesen Treffpunkt gibt es auch historische Grenzsteine aus dem Jahr 1844.

Heutzutage gibt es hier ein Fuß- und Radfahren-Grenzübergang, wo sich die Passanten - wie einst - unverhindert hin und her bewegen können.

Dreiländereck um 1910

Dreiländereck um 1910

Dreiländereck 2014 Dreiländereck 2014

Grab des unbekannten Soldaten

In unmittelbarer Nähe des Dreiländerecks befindet sich ein Grab eines unbekannten deutschen Soldaten. Dieser wurde kurz nach dem Kriegsende in dem Grenzgraben tot aufgefunden. Er wurde vermutlich von dem damaligen selbsternannten Herrscher vom Kaiserhammer Miloslav Milkuta ermordet. Ihm wird auch die Ermordung der Rossbacher Bürgermeistersgattin Nelly Zapf am 1. 8. 1945 zugeschrieben. Der Soldat wurde von einigen Faßmannsreuthern geborgen und in einem Grab beerdigt. Dieses Grab wurde bis heute von den Einheimischen gepflegt.

GPS: 50.3176506N, 12.1005828E

Dreiländereck um 1910

Das Grab des unbekannten Soldaten, Juni 2023; © Thonbrunn

Quellen::
Heimatbote – Mitteilungsblatt für Rossbach, Friedersreuth, Gottmannsgrün und Gottmannsgruen / 1946-1996;
Ascherrundbrief – Heimatblatt für d. Kreis Asch / seit 1948;
Benno Tins – Die eigenwillige Historie des Ascher Ländchens 1977;
J. Tittmann – Heimatskunde des Ascher Bezirkes 1893;
Rossbacher Heimatbuch 1970;
Johann Richard Rogler - Die Orts- u. Flurnamen d. Ascher Bezirkes 1955;

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