Oberreuth 1.


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Oberreuth 1841

Oberreuth - Katasterkarte vom 1841, Quelle: ČÚZK

1. Ortsname

1291 Oberroüte (in Monumenta Zollerana), 1382 czu Obernrewt, 1395 Obernrewt, 1551 Obernreuth = zur obern Reut, 18. Jh. Oberreith.

Im Ascher Mundart: Uawaraath

2. Geschichtliches

Mit 675 Metern über dem Meeresspiegel war Oberreuth die höchstgelegene Siedlung des Ascher Landes. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 426 Hektar. Zum Gemeindegebiet gehörte auch der Wachtberg (715 m).

Die Gemeinde Oberreuth wurde erstmals urkundlich am 30. Januar 1291 erwähnt. Engelhard Nothaft auf Wildstein verpfändete damals dem Nürnberger Burggrafen Friedrich von Zollern um 50 Mark „schwarzen Silbers“ einige Höfe in Oberreuth. Im Jahre 1534 ging Oberreuth zusammen mit Niederreuth in den Besitz der Zedtwitze über.

Am 4. Oktober 1779 passierte Kaiser Joseph II. beritten und in Begleitung zweier Generäle, zweier weiterer hoher Offiziere und fünf Dragoner das Dörfchen Oberreuth auf dem Wege von Asch nach Fleißen.

In einer Beschreibung des Ascher Bezirks aus dem Jahre 1785 wird für Oberreuth bereits ein k. k. Zollamt erwähnt. Später wurde eine Finanzwachabteilung und Zollposten in der Nr. 64 angegeben. Diese Straßen-Kontrollstelle überdauerte dann die Zeiten bis 1938.

Bis 1874 gehörte das Dorf unter die Verwaltung der Gemeinde Wernersreuth, ab daher wurde Oberreuth selbständige Orts- und Schulgemeinde.

Im Mai 1917 brannte die Ortschaft fast völlig aus (siehe der Dorfbrand weiter), sie wurde jedoch in folgenden Jahren wieder neu erbaut.

1946 wurde gesamte deutsche Bevölkerung aus der Ortschaft vertrieben. 1947 versuchte die tschechische Regierung das Dorf mit den Leuten aus der Slowakei einzuwohnen, die aber zogen gleich wieder wo anders. In den 1950en Jahren fand sich die gesamte Ortschaft in einer verbotene Grenzzone und wurde allmählich dem Erdboden gleich gemacht.


Der letzte Bärenfang:

Um 1750 wurde auf Oberreuther Flur der letzte Bär im Ascher Gebiet erlegt. Der nicht ganz erfolgreiche Schütze war der Sohn des Röten-Müller Sebastian Ludwig. Den Fangschuss erhielt das schwerverletzte Tier dann vom herrschaftlichen Jäger, den Sebastian zu Hilfe geholt hatte. Die Jagdbeute wurde bei der Zedtwitzischen Herrschaft abgeliefert. Die Jagdszene spielte sich nahe der Röthenmühle ab.


Oberreuther Gemeindevorsteher:

1892
Andreas KÜNZEL; 1. Gemeinderat: Andreas WUNDERLICH, 2: Gemeinderat: Adam KÜNZEL
1906
Andreas WUNDERLICH; 1. Gemeinderat: Andreas KÜNZEL, 2: Gemeinderat: Adam KÜNZEL
1923
Anton GRÜNER
1930
Adam WUNDERLICH

3. Dorfbrand 1917

Am 21. Mai 1917, im dritten Weltkriegsjahre, wurde Oberreuth von der schwersten Brandkatastrophe heimgesucht, die den Ascher Bezirk im 20. Jahrhundert traf. Es fielen ihr 29 stattliche Bauernhöfe zum Opfer. Fünf weitere, aufs Höchste gefährdete Gehöfte im oberen Dorf konnten durch die Wernersreuther und Ascher Feuerwehren gerettet werden. Die Oberreuther Ortsfeuerwehr selbst sah ihren Geräteschuppen mit allen Requisiten in den Flammen aufgehen, ehe sie eingreifen konnte. Noch während ein ungewöhnlich heftiger Oststurm die Flammen von Gehöft zu Gehöft trieb, klopfte es bei der Gendarmerie in Asch. Durch den Türspalt flüsterte der siebzehnjährige Bauernsohn Ernst Rogler einem Beamten zu: „Du, ich ho as Uawaraath oazundn“. Sein von Kindheit an abnormalem Gemütszustand war in geistige Umnachtung verfallen, als er glaubte, der Krieg werde sein Dorf untergehen lassen. Da wollte er es lieber gleich vernichten. Einige Tage später schlossen sich hinter ihm die Tore der Anstalt in Dobrzan für immer. Oberreuth wurde wieder aufgebaut, unter großen Opfern zwar, aber behäbiger als zuvor.

Oberreuther Dorfbrand 1917 Oberreuther Dorfbrand 1917
Oberreuther Dorfbrand 1917 Oberreuther Dorfbrand 1917

Oberreuther Dorfbrand am 21. 5. 1917, Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

4. Bevölkerungszahl

Die Entwicklung der Häuser- und Bevölkerungszahl in Oberreuth ist in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt:

Jahr Häuser Einwohnerzahl
1847 60 388
1870 - 369
1893 58 336
1906 58 326
1916 58 342
1921 - 289
1930 60 289
1934 53 277
1939 - 242
1941 - 242
Vertreibung 1946 51 ?

5. Gewerben

Die Einwohner von Oberreuth wurden hauptsächlich von der Landwirtschaft und der Handweberei ernährt. Später hatten viele in den Ascher u. Fleißner Fabriken gearbeitet. In jeweiligen Adressbüchern wurden dann auch weitere Gewerben aufgeführt, es waren:

1923: 3 Gastwirte, 1 Dachdecker, 2 Krämereien, 2 Milchhändler, 2 Trafikanten u. 1 Tischler

1930: 4 Bogenmacher, 3 Gastwirte, 1 Greisler, 2 Milchhändler, 1 Schumacher, 2 Trafikanten u. 1 Tischler

1935: 3 Bogenmacher, 3 Gastwirte, 2 Greisler, 3 Milchhändler, 1 Schumacher u. 2 Trafikanten

1941: 1 Bogenmacher, 3 Gastwirte, 1 Greisler, 1 Schumacher u. 1 Trafikant

6. Vereinsleben

In Oberreuth waren mehrere Vereine tätig. Bereits 1876 wurde - wohl in Zusammenhang mit dem neu angelegten eigenen Friedhof - ein Geselligkeits- u. Beerdigungsverein "Brudergruß", mit 56 Mitglieder gegründet. 1881 wurde dann auch die freiwillige Feuerwehr mit 39 Mitgliedern gegründet. 1906 wurde ein Landwirtschaftliches Kasino erwähnt. Ab 1930 dann noch ein vierter Verein Ortsgruppe Oberreuth des Deutschen Kulturverbandes. Alle Oberreuther Vereine hatten sein Sitz in der Gastwirtschaft Zum Deutschen Haus.

Oberreuther Feuerwehr

Oberreuther Feuerwehr, Foto: Stiftung Ascher Kulturbesitz Rehau

7. Gasthäuser

In der Ortschaft wurden 3 Gasthäuser erwähnt, 2 davon sind auf verschiedenen Aufnahmen reproduziert worden, die dritte war wahrscheinlich nur eine kleine Schenke, die auf keinem Foto erhalten wurde.


Gasthaus Zum Deutschen Haus, Nr. 23;

Diese Gaststätte mit einem Tanzsaal stand einst direkt in der Dorfmitte.

Gasthaus Zum Deutschen Haus

Gasthaus Zum Deutschen Haus in den 1930er Jahren


Gasthaus Zum Feldschlösschen, Nr. 64

Dieses Wirtshaus stand einst unweit von der Staatsgrenze gegen Sachsen.

Gasthaus Zum Feldschlösschen

Gasthaus Zum Feldschlösschen in den 1930er Jahren


Gasthaus Nr. 47

Über die dritte Oberreuther Gaststätte ist mir leider nichts näheres bekannt. Tittmann erwähnt in seiner Heimatkunde von 1893 Geipl’sche Bierschänke in der Nr. 16. Später ist die Gaststätte in der Nr. 47 angegeben worden. (Falls jemand irgendwelche Hinweise haben sollte, melden Sie sich bitte an dem unten angegebenen E-Mail).

Mehr über die Oberreuther Gasthäuser finden Sie hier.

8. Mühle

Die "Rotenmühl" wurde auf Bauers Landkarte 1716 aufgezeichnet, erwähnt wurde sie aber schon im Taufregister der Ascher evangelischen Kirche vom 13. 5. 1654. Sie lag an dem Röthenbach an der Gemeinde- und Landesgrenze zur Sachsen. Die Mühle brannte 1894 ab.

Oberreuther Mühle

Oberreuther Mühle

Mehr über die Oberreuther Mühle erfahren Sie hier.

9. Schulhaus

In den früheren Zeiten wurde nur während des Winters unterrichtet, im Sommer wurde nur an Sonntagen Kinderlehre abgehalten. 1839 kam der erste geprüfte Lehrer nach Oberreuth. Um diese Zeit hörte auch die Wanderschule auf und der Unterricht wurde in einem gemieteten Locale erteilt. 1852 kaufte die Oberreuther Gemeinde das Haus Nr. 49 und baute es zu einem Schulhause um. Zu der 1klassigen Volksschule gehörte auch ein Schulgarten und ein Turnplatz. In folgendem sind die Oberreuther Schulleiter erwähnt:

1893: Bruno Ludwig (seit 1887)

1925: Ernst Entian

1935: Otto Lustkandl

1941: Oberlehrer Paul Wenzel

Der Unterricht wurde bis anfangs 1945 gehalten, nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung wurde es nie wieder aufgenommen.

Oberreuther Schulhaus

Das Oberreuther Schulhaus, um 1930

10. Friedhof

Oberreuther Friedhof wurde 1876 angelegt.

Nach der Vertreibung verfiel der Friedhof allmählich. Um 2020 hatte dann die Ascher Gemeinde, unter dessen die Katasterflächen des ehemaligen Dorfes Oberreuth zustehen, entschieden, den Friedhof zu revitalisieren. Die Umgestaltung wurde 2022 fertig gestellt. Heutzutage sind diese Überreste des Friedhofes das einzige, was auf das ehemaliges Dorf Oberreuth erinnert.

Oberreuther Friedhof 2019 Oberreuther Friedhof 2019 Oberreuther Friedhof 2019

Oberreuther Friedhof im Jahre 2019 - vor der Revitalisierung; © Petr Antonín Karlíček

Oberreuther Friedhof 2023 Oberreuther Friedhof 2023

Oberreuther Friedhof 2023 - nach der Revitalisierung; © Petr Antonín Karlíček

Die Gemeinde Oberreuth hatte nie ein Kriegerdenkmal errichtet. Alles über die örtliche Kriegsgefallene, Vermisste und Verstorbene währen der beiden Weltkriegen finden Sie hier.

11. Oberreuther Gedenkstätte

Unweit von ehemaligem Dorf Oberreuth und der Staatsgrenze, in oberen Bad Brambach, haben ehemalige Einwohner von Oberreuth eine Gedenkstätte mit einer Schauvitrine eingerichtet.

Oberreuther Gedenkstätte

Oberreuther Gedenkstätte; © Thonbrunn

Quellen::
K. Alberti - Beiträge zur Geschichte d. Stadt Asch u. d. Ascher Bezirkes I-IV. 1937;
Benno Tins – Die eigenwillige Historie des Ascher Ländchens 1977;
J. Tittmann – Heimatskunde des Ascher Bezirkes 1893;
Johann Richard Rogler - Die Orts- u. Flurnamen d. Ascher Bezirkes 1955;

Auf der nächsten Seite finden Sie ein Verzeichnis von allen 1946 bestehenden Häusern und dessen Besitzer.

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